Montag, 11. September 2017
Existenzialismus, die Sinnlosigkeit des Lebens und die niemals endende Gegenwart
Kennt Ihr Sartre? Sartre war ein französischer Romancier, Dramatiker, Philosoph und Publizist, gilt als Vordenker und Hauptvertreter des Existentialismus und als Paradefigur der französischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts. Wer mehr erfahren will, fragt Tante Google oder noch besser: kauft sich das eine oder andere Werk von ihm. Zum Einstieg vielleicht "Geschlossene Gesellschaft" oder "Das Ekel". "Das Sein und das Nichts" hingegen ist nichts für Anfänger und bedarf einem ziemlich langen Atem. Also der Sartre hat da mal einen Satz rausgehauen, auf den er bis zum heutigen Tag festgenagelt wird: "Existenz geht vor Essenz." Okay. Was heißt das? Zunächst einmal, es geht hier nicht um Essigessenz oder sowas. Wir Menschen sind zunächst einmal einfach eine Existenz, wenn wir unfreiwillig auf die Welt geworfen werden. Niemand hat uns gefragt, ob wir das überhaupt wollten. Hätte mich jemand vor der Konzeption gefragt - und zwar mit all dem Wissen über mein künftiges Leben - dann hätte ich dankend verzichtet und mich lieber wieder in den Schaukelstuhl des Nirvanas zurückgezogen. Gut, jetzt sind wir also da. Ein Produkt aus Zufall, Chaos und Ordnung, Physik und Biochemie. Eine leere Festplatte. Biologisch gesehen haben wir alle die gleichen Möglichkeiten. Gut, der eine hat einen IQ von 164, ein anderer verfügt über ein Oberschenkel-zu-Unterschenkel-Verhältnis, das es erlaubt, Profisprinter zu werden. Aber so ganz prinzipiell sind wir alle ein Stück weit gleich und unterscheiden uns nur in Nuancen. Der Mensch als Existenzform hat keine Essenz, also kein Schema nach dem er handelt. Er existiert einfach nur so vor sich hin. Wie eine Nacktschnecke oder ein schwarzer Moderkäfer. Mit so einem habe ich kürzlich Bekanntschaft gemacht und zunächst habe ich ihn für einen Skorpion gehalten. Doch zurück zum Existenzialismus. Die Essenz also ist das Wesen des Menschen und dieses gibt es im Existentialismus nicht. Zumindest nicht zu Beginn. Wir sind einfach da, sind existent. Das Wesen des Menschen aber entwickelt sich erst im Laufe des Lebens. Ein jeder von uns kommt also unverhofft auf diese Welt und sein Leben hat keinen vorgegebenen Sinn. Das Ganze ist ein unerklärliches Mysterium. Das Leben selbst ist durch diese prinzipielle Sinnlosigkeit und seine ausschließliche Existenz natürlich etwas Absurdes. Der Mensch beginnt erst dann richtig zu leben, wenn er sich der grundlegenden Absurdität stellt und sie akzeptiert.
Wenn wir uns selbst gegenüber ehrlich sind, dann müssen wir uns eingestehen, dass die Welt absurd ist. Sie existiert, doch es gibt keinen Grund für ihre Existenz. Sie muss verstanden werden, kann aber gleichzeitig nicht verstanden werden. Letztendlich leben wir unfreiwillig in einer absurden Welt ohne Sinn, in der wir zurechtkommen müssen.
Zwar ist das Leben an sich vielleicht sinnlos, wir versuchen ihm jedoch einen Sinn zu geben, indem wir scheinbar wichtige Entscheidungen treffen. Aufgrund dieser Entscheidungen zeigt sich auch, wer wir sind.
Die Kunst ist es, in einer sinnlosen Existenz etwas Sinnvolles zu finden. Existenzialisten übernehmen die uneingeschränkte Verantwortung und suchen die Schuld nicht bei den Eltern, dem Ehepartner, der verkorksten Erziehung oder dem staatlichen System. Mehr Verantwortung bringt auch mehr Freiheit - und damit auch Hoffnung.
Zusammengefasst: Wir kommen ungefragt auf die Welt und existieren in einem Leben, das im Grunde keinen Sinn macht. Die Absurdität und Sinnlosigkeit des Lebens wird durch Verantwortungsübernahme geschmälert. Hierbei begegnen wir aber auch dem Problem mit der Freiheit. Es gibt im Grunde keine Vorgaben. Wir können unser Leben selbst gestalten
Wenn es also keinen Masterplan gibt, kann man selber einen schmieden. So sah es auch Jean Paul Sartre. Er stellte diese „Sinnfrage nach dem Sein“ und machte aus ihr auch gleich eine eigene philosophische Richtung. In ihrem Mittelpunkt steht der existente Mensch in all seinen Zuständen – ob verliebt, ängstlich oder wütend, der sich als frei und selbst bestimmt erkennt.
Und so schreibt Sartre, da sei zuerst die nackte Existenz, blankes Dasein. Sein geistiges Wesen, seinen Charakter, seine Essenz, sein Sosein bringt niemand mit, und es ist niemandem von Gott gegeben, vielmehr erschafft jeder handelnd sich selbst, kreiert seine Person. Wir sind nicht nur frei, wir sind nachgerade zur Freiheit verurteilt, verdammt. Wir können tun und lassen was wir wollen, denn wir definieren uns nur über unser Handeln. Weil wir einfach existieren, gibt es kein Schema nach dem wir handeln müssen. Kein Gesetz, keinen Ehrenkodex und keine Etikette! Sondern wir selbst wählen das Thema unseres Lebens. Jeder wird also so, wie er sich selbst schafft. Der Existentialist glaubt, vollkommen alleine ohne Beistand durchs Leben ziehen zu müssen und hat nur die Aufgabe, mit sich im Reinen zu sein. Sind wie selber also der eigene Sinn unseres Leben? Der Sinn des Lebens? Den gibt es nicht. Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst. Weshalb sollte das Leben, das, wie oben schon geschrieben, durch Zufall und Naturgesetzte entstanden ist, einen Sinn ergeben? Hat das Universum einen Sinn? Nach diesem fragt gar keiner. Das Universum existiert des Universums wegen.
Gott wird übrigens für die eigene Existenzberechtigung nicht benötigt. Es gibt uns, so wie die Springböcke und Kellerasseln. Wir sind nicht auserwählt, etwas Besseres zu sein, trotz allem Aufsehens um unsere universelle Einmaligkeit, das wir erheben. Keine Marienkäfer, kein Erdmännchen fragt nach dem Sinn des Lebens, nur der Mensch tut es, weil er es kann, und allein deshalb vermutet er dahinter einen tieferen Sinn, der ihn die Vergänglichkeit ignorieren lässt. Seine Arroganz lässt ihn alles zerstören, was einen Sinn ergeben könnte, damit er einen Sinn ergibt. Der Existenzialist hingegen zuckt die Schultern, gönnt sich noch einen Roten und trinkt auf die Gläubigen und Philosophen. Das macht Sinn. Alles andere nicht. Auch nicht materielle Werte, die in erster Linie einen scheinbaren Sinn in einem sinnlosen Leben geben sollen.
Somit relativiert sich alles. Unsere Bedeutung im gesamten Universum, unsere eigene Bedeutung, der unseres Lebens. Wir versumpfen quasi im Grundrauschen des Kosmos und leben in einer Art kosmischen Verlorenheit.
Und so leben wir, existieren wir vor uns hin. Trinken unseren Kaffee schwarz, grübeln über das Sein und das Nicht-Sein, über unsere Sinn- und Bedeutungslosigkeit. Ein Leben ohne Sinn, in der niemals endenden Gegenwart der Zeit.

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Ich hasse ...
... schreckliche stressige Wochenenden. Wenn die Familie in Heerscharen einfällt, um sich beköstigen und entertainen zu lassen, das Wetter so mies ist, dass auch alle schön in der Wohung kleben bleiben und nicht raus an die frische Luft gehen können und wollen, wenn der inkontinente Hund der genauso inkontinenten Halterin auf den Teppich pieselt, die Kids der lieben Familie den Aufstand proben und Straßenschlachten imitieren, die Blockupy-Aktionen wie Kindergeburtstage erscheinen lassen, wenn man mit dem Kaffeekochen nicht mehr nachkommt, weil Tanten und Omas das Zeug in sich kippen wie ein Chevi V8-Motor feinstes 98 Oktan-Benzin, wenn der Catering Service zu spät kommt und die hungrige Meute einen Aufstand probt wie einst auf der Bounty, wenn man sich selbst noch mit einer Erkältung herumschlägt und angeschlagen ist, dann ist man einfach nur froh, wenn alles vorbei ist und man am Montag wieder zur Arbeit gehen kann. Einen guten Wochenanfang allerseits.

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