Donnerstag, 17. August 2017
Dann noch mal ...
... so eine Nummer. Tatort: Wieder mal die Notaufnahme. Tatzeit: Wieder mal mitten in der Nacht. Leute mit überhöhter Anspruchshaltung scheinen vor allem zu dieser Tageszeit auf die Idee zu kommen, die Klinik aufsuchen zu müssen. Um ihre banalmedizinischen Belange notfällig abklären zu lassen.
Der Patient: Typ um die 40, teure Klamotten, privatversichert, schnöseliges Verhalten. Mit ihm seine Begleiterin, etwas jünger, Pelzmantel tragend. Alles klar. "Was führt Sie zu uns?", frage ich. Der Typ antwortet mit herablassendem Blick und gestelzter Wortwahl. Rückenschmerzen seit drei Monaten, das müsse jetzt mal abgeklärt werden. Ich schaue ihn fragend an und erkläre ihm, dass das hier eine Notaufnahme sei. Hier werden in allererster Linie Notfälle behandelt. "Ich BIN ein Notfall!", erwidert der Typ, "ich schlage mich seit drei Monaten mit diesen Schmerzen herum. Ich schlage vor, Sie veranlassen jetzt eine Kernspintomographie!". Alles klar. Der Typ kommt fussläufig in die Notaufnahme, wirkt nicht wirklich schmerzgeplagt und hat offensichtlich keine neurologischen Ausfälle. Medikamente gegen Schmerzen habe er übrigens auch nicht genommen, das sei alles "Gift". Ah ja, und deshalb sucht er einen Arzt auf. Glaubt der Typ, ich könnte ihm durch Handauflegen seine Schmerzen nehmen?
Ich untersuche den Typen. Nix, nada. Keine Lähmungen, keine Sensibilitätsstörungen, Reflexe seitengleich, Druckschmerz in der sogenannten Iliosakralfuge, ein knöchernes Gelenk zwischen Steißbein und Darmbeinschaufel. Diagnose steht. Nennt sich ISG-Blockade. Therapie: Schmerzmittel, Physiotherapie. Ich teile dem Typen mein Untersuchungsergebnis mit und empfehle ihm, sich am nächsten Tag beim Hausarzt vorzustellen, der ihm eine Überweisung zum Krankengymnasten ausstellen wird.
Kaum bin ich fertig mit meinen Ausführungen, rastet der Typ auch schon aus. Wie ich mir denn ohne Kernspintomographie so sicher sein könne? Es fände es unverantwortlich und bestehe jetzt auf diese Untersuchung. Ich bleibe ruhig, erkläre dem Typen nochmals, dass aufgrund der typischen Symptome und meiner Untersuchungsergebnisse eine Kernspintomographie nicht notwendig sei. Es kommt, wie es bei solchen Pfeifen immer kommt. Sie möchten den Chefarzt sprechen. Nicht da natürlich. Mitten in der Nacht auch nicht anders zu erwarten. Dann den Oberarzt. Den werde ich wegen einer solchen banalmedizinischen Begebenheit sicher nicht aufwecken. Schließlich sei er, der Typ, privatversichert. Chefarzt und Ein-Bett-Zimmer, betont er. Da ist schon, mein Lieblingssatz von Privatpatienten. Wie viele andere hier auch, denke ich. Untersuchungen werden bei medizinischer Notwendigkeit veranlasst und sind nicht von der Art der Krankenversicherung abhängig. Abgesehen von der fehlenden Indikation: Nachts läuft der Kernspintomograph tatsächlich nur für absolut dringliche Fälle und keinesfalls für banale Rückenschmerzen seit mehr als drei Monaten.
Der Typ fängt an, mich zu beschimpfen. Verbale Geringschätzungen prasseln auf mich ein. Das kenne ich, sowas prallt an mir ab wie Wasser von einer Teflonpfanne. "Ich schreibe Ihnen noch einen Brief, den geben Sie dann morgen Ihrem Hausarzt", erwidere ich sachlich. Solche Typen können mich nicht mehr provozieren. Dazu bin ich zu lange im Geschäft. "Scheiß auf Deinen Brief!", schreit mich der Typ an, springt auf (trotz angeblich schweren Rückenschmerzen), greift nach der Hand seiner Ische und zieht sie hinter sich aus der Notaufnahme. Auch gut. Ich gähne kurz, begebe mich zu den Schwestern in den Aufaufenthaltsraum und plaudere noch eine halbe Stunde mit ihnen. Dann ziehe ich mich ins Dienstzimmer zurück und hoffe, dass es ruhig bleibt. Zumindest solche Gestalten können mir in den nächsten Stunden gestohlen bleiben.

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Mittwoch, 16. August 2017
Diorama / Child of Entertainment

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Dass ...
Besserwisserei wider besseren Wissens, Borniertheit und Ignoranz in dieser Allianz selten zu etwas Gutem führen, habe ich neulich in einer Notaufnahme erleben dürfen.
Schauplatz also Notaufnahme eines großen Krankenhauses in einer großen deutschen Stadt. Zeitpunkt: Mitten in der Nacht, muss so zwei, halb drei gewesen sein. Ein Auto hält mit quietschenden Reifen in der Rettungswageneinfahrt. Wo auch sonst! "Entschuldigen Sie", ruft der Fahrerin einer aus dem Team zu, " das ist eine Rettungswageneinfahrt. Sie können Ihr Fahrzeug hier nicht parken!" Die Tussy völlig erbost: "Mein Mann muss schnellsten behandelt werden! Er hat einen Schlaganfall!" Schon schleppt sie ihren Göttergatten in den Eingangsbereich. Okay, wo sie Recht hat, hat sie Recht. Der Mann kann kaum laufen, zieht ein Bein hinterher, redet wirres Zeug und sabbert aus dem rechten Mundwinkel. Wir nehmen uns dem Mann an, legen ihn auf eine Trage. "Könnten Sie Ihr Fahrzeug jetzt trotzdem wegfahren?", fordern wir die Frau nochmal freundlich auf. Ich kann verstehen, dass sie außer sich ist vor Sorge. Aber die Einfahrt muss für weitere Notfälle wirklich frei bleiben. Erst müsse sich um ihren Mann gekümmert werden, alles andere sei jetzt nachrangig. Auch andere Notfälle! Sic! Hat sie so gesagt. Mein Verständnis hält sich in Grenzen. Wir fordern sie nochmal mit Nachdruck auf, die Rettungswageneinfahrt zu räumen. Trotz allem Verständnis für ihr Situation müsse die Einfahrt freibleiben. Mehr habe ich von der Szene nicht mehr mitbekommen, weil ich mich mit dem Mann beschäftigt habe. Kurze Bilanz: Rechtes Bein gelähmt, rechter Flügel hängt, er plappert nur noch "Mama, Käsebrot" und versteht rein nix mehr. Klarer Fall von Schlaganfall. Rein in die Computertomographie, Strahlung an, Kontrastmittel rein. Nix zu sehen. Und das ist auch gut so. Medizinisch ist das jetzt komplex zu erzählen und ich fasse ich mich mal kurz. Ein Schlaganfall, in diesem Fall ein Hirninfarkt (gibt auch noch Hirnblutung, ist auch eine Form von Schlaganfall) entsteht durch eine verstopfte Arterie. Das Gehirn wird an dieser Stelle nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und stirbt ab. Erscheint man früh genug in einer Klinik, kann man versuchen, diese "Verstopfung", also das Gerinnsel im Gefäß, zu entfernen. Geht mit einem gerinnselauflösenden Medikament, Lyse genannt, oder mit einem feinen dünnen Katheter, der bis zum Gerinnsel vorgeschoben wird. CT ist also gelaufen, Diagnose steht, Therapie könnte beginnen. Wenn da nicht .... die Ehefrau aufgetaucht wäre und erstmal Einspruch gegen unseren Therapievorschlag erheben würde. Um es nochmal zu verdeutlichen: Time is brain. Hier geht es um Sekunden. Je früher man die Therapie beginnt, desto größer sind die Chancen, dass man halbwegs unbeschadet aus der ganzen Misere herauskommt. Der normale Ablauf wäre gewesen: Gerinnselauflösendes Medikament, Lyse genannt, applizieren und parallel mittels Röntgendurchleuchtung und Kathetertechnik das Gerinnsel aus der Arterie bergen. Madame lehnt das aber erstmal kategorisch ab. Sie möchte mit dem Chefarzt sprechen und sich eine zweite Meinung einholen. Der Chef ist aber a) nachts seltenst im Hause und b) gerade auf Hawaii und lässt sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Dann halt den Oberarzt, fordert die renitente Tussy. Der liegt zu Hause im Bett, ist bereits über das Vorgehen telefonisch in Kenntnis gesetzt und hat der Therapie zugestimmt. Ich erkläre der Frau, dass der Oberarzt sicherlich gut eine Dreiviertelstunde bräuchte, bis er hier ist. Zeit, die verloren geht und in der immer mehr Hirngewebe zugrunde geht. Die Frau pöpelt hysterisch herum. Sie wolle, dass ihr Mann (der Gute ist nicht mal 50) an die nächste Uniklinik verlegt wird. Ich erkläre ihr nochmals, mit Engelsgeduld und mit Nachdruck, dass wir hier keine Zeit zu verschenken haben und schleunigst behandeln müssen, wenn ihr Mann nicht als Pflegefall enden soll. Die Frau hört mir aber gar nicht zu. Sie telefoniert wie verrückt mit irgendwelchen Leuten. So langsam reicht es mir. Sie habe gerade mit einer Freundin gesprochen, die sei "vom Fach". Homöopathin. Ah ja! Ihr Mann soll nun schleunigst an die Uniklinik transportiert werden. Ich erkläre der Frau wiederholt, dass wir keine zeit verlieren dürfen und der Transport nochmals eine gute Stunde in Anspruch nimmt. Dann fahre sie ihren Mann selbst im Auto, trotzt sie. Ich schüttele den Kopf. Nochmals Telefonate. Ich fasse es nicht. Ihr Sohn sei jetzt unterwegs und bis dahin werde hier gar nichts unternommen. Ich werde sauer. "Dank Ihnen, Ihrer Borniertheit und Ihrer Ignoranz wird Ihr Mann als Pflegefall werden!", entgegne ich ihr sauer. Es ist wirklich nicht zu fassen! Diese blöde inkompetente Schnepfe mit übersteigerter Anspruchshaltung bewirkt mit Ihrem Verhalten, dass Ihr Mann für den Rest seines bedauerlichen Lebens sabbernd an die Decke guckt. Ich verdeutliche ihr das nochmals mit anderen Worten. Schließlich lenkt sie ein. Mittlerweile ist so viel Zeit vergangen, dass man die gerinnselauflösende Therapie eigentlich nicht mehr einleiten dürfte. Wir tun es doch. Off label nennt man das. Gleichzeitig veranlassen wir den Transport in die Katheterangiographie, wo das Gerinnsel mittels Katheter entfernt werden soll.
Der nächste Morgen. Wie zu erwarten war, ist viel zu viel Zeit vergangen. Ein größerer Teil des Gehirnes ist zerstört worden. Bedank' dich bei deiner ignoranten Tussy, denke ich mir bei Visite.

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Heute Nacht ...
... hat mich irgendeine verf..... Mücke in den Bauch gestochen. Erst habe ich nichts gemerkt. Mittlerweile ziert aber eine schöne große juckende Quaddel genau dort meine Haut, wo der Hosenmund nebst Gürtel zu sein pflegt. Zudem ist es heute schwül-warm und die Haut ist feucht. Vielen Dank! Bevor ich heute schlafen gehe, werde ich mein Schlafzimmer kurzfristig in ein Mücken-Auschwitz verwandeln. Dank Paral. Wollte ich nur mal loswerden. Vielen Dank fürs Lesen und sorry für die fehlende political correctness.

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