Donnerstag, 21. September 2017
In unserer Betriebskantine ...
... gibt es einen Kaffeevollautomaten. So ein Gastronomieteil, so groß wie ein durchschnittliches Zalando-Paket meiner Kleenen. Also schon ein ziemliches Teil. Dieser jener Kaffeeautomat bietet verschiedene Kaffeesorten an. Als da wären Espresso, Cappuccino, Cafe Creme und ... Filterkaffee. Da ich in einem ziemlich großen Betrieb arbeite, herrscht an diesem Kaffeevollautomaten zu bestimmten Zeiten echter Hochbetrieb. Die erste Stoßzeit ist so zwischen sieben und acht morgens, wenn alle zur Arbeit kommen und, bevor sie sich in ihre Abteilungen begeben, noch schnell einen "Kaffee ziehen". So heißt das hier allgemein. "Sich einen Kaffee ziehen." Dazu nimmt man sich einen der Pappbecher, stellt ihn unter die Düse der Maschine, drückt den Knopf für das gewünschte Kaffeederivat und nimmt dann den gefüllten Becher, um an der Kassee bargeldlos mittels Mitarbeiterausweis zu bezahlen. Die zweite Stoßzeit ist in der Mittagszeit, nach dem Mittagessen. Da ziehen sich viele auch nochmal einen Kaffee, quasi zum Nachtisch.
Der Cappuccino ist der Spitzenreiter. Der wird am häufigsten gezogen und den ist die Maschine auch am schnellsten in der Lage zu produzieren. Maximal zehn Sekunden benötigt sie dafür. Der Cafe Creme dauert etwas länger, vielleicht 20 Sekunden. Ist aber noch gesellschaftlich akzeptiert in Anbetracht der langen Schlange vor dem Apparat. Ja, und dann gibt es da den Filterkaffee. Filterkaffee ziehen führt unweigerlich zur gesellschaftlichen Ächtung. Die Zubereitung eines Filterkaffees dauert fast eine ganze Minute! Die Maschine zermahlt die Bohnen und dann läuft das heiße Wasser buchstäblich im Zeitlupentempo über das Kaffeepulver. Also nix Hochdruck, wie beim Cafe Creme oder Cappuccino. Wer sich an der Maschine für den Filterkaffee entscheidet, muss mit großem Unverständnis in der Warteschlange rechnen, ein dickes Fell haben oder dem muss einfach alles egal sein. Ein Raunen geht dann durch die Menge, die Augen werden entnervt gerollt, gefolgt von einem hektischen Blick auf die Armbanduhr und nervösem Trommeln mit den Fingern. Oh Mann, Filterkaffee ... vernimmt man aus der aufgebrachten Menge. Man erntet im besten Fall böse Blicke, wird mit nassen Teebeuteln beworfen oder wird vielleicht sogar im schlimmsten Fall von der nächsten Betriebs-Weihnachtsfeier ausgeschlossen. Jeder, der sich vorne in der Pole Position befindet, wird von der nachfolgenden Menge aufs Schärfste beobachtet und beäugt. Und wehe, der Finger nähert sich auch nur im Ansatz der Filterkaffeetaste! Zu viel Zeit vor der Kaffeemaschine zu verbringen bedeutet unter Umständen, seine Arbeit nicht rechtzeitig beenden zu können und Überstunden schieben zu müssen. Dadurch kommt man später aus der Firma raus, steht länger im Stau, kommt noch später nach Hause und der Tag ist gelaufen. Und das alles nur, weil da ein Hans-Wurst sich einen dämlichen Filterkaffee ziehen musste. Es gab schon Überlegungen, die Taste für Filterkaffee unbrauchbar zu machen. Zum Beispiel, indem man sie festklebt. Hat sich dann aber doch keiner getraut. Ich habe beobachtet, dass die Filterkaffeezieher durch die Bank komische Leute sind. Irgendwie Außenseiter, tragen merkwürdige altmodische Klamotten, wirken irgendwie nerdig-autistisch oder schizotyp. Schizotypie zeichnet ja ein sonderbares exzentrisches Verhalten aus mit Eigentümlichkeiten in Denken und Wahrnehmung, fehlende Fähigkeit, zwischenmenschliche Bindungen einzugehen und aufrecht zu erhalten sowie überzogenem Misstrauen. Die meisten Filterkaffeezieher sind interessanterweise aus der IT-Abteilung, irgendwelche "Laborratten" oder Pathologen und durchgehend Menschen, die wenig Wert auf zwischenmenschliche Interaktion legen und sich den ganzen Tag mit unbelebten Objekten befassen.
Vielleicht kann man es auch als gnadenlosen Egoismus deuten. Dem Filterkaffeezieher ist es scheinbar völlig wumpe, ob er die Zeit der anderen in Anspruch nimmt. Hauptsache, er hat seinen dämlichen Filterkaffee im Pot, mit dem er sich dann wieder ganz schizotypisch zu seinem Arbeitsplatz, fern ab jeglicher Zivilisation, begibt.

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Wie ...
...kann man die Zeit Anderer in Anspruch nehmen, wenn man sich um sich selber kümmert?
Hätten die sich früher angestanden, wären sie auch früher dran gewesen.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst (die Kaffeebohne).
Seit Jahrhunderten bekannte Redensart mit, wie man sieht, hohem Wahrheitsgehalt.

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Muphy's law ...
... wenn man sich früher anstellt, stellt sich garantiert auch irgendein Filterkaffeezieher früher an. Das folgt ja keiner Gesetzmäßigkeit.

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Ja ...
... aber Du hast mehr Zeit in petto.
Der ganze letzte-Sekunden-Druck fällt ab, Du kommst früher nach Hause, erwischt Deine Kleene mit dem Hausmeister, Du tötest Beide, läufst Amok, kommst in eine geschlossene Klinik und machst Dir nie wieder Sorgen um Filterkaffeezieher.
Problem gelöst.

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Ich kann dir versichern ...
... auf (geschlossenen) Krankenhausstationen gibt es eine ganz üble Kaffeeplörre. Keine Ahnung, was da drin ist. Vielleicht die ganzen auf der Autobahn liegenden Kadaver, kleingehäckselt und getrocknet.

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Eben ...
... keine Sorgen, weil keine Wahl mehr.

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Euer ernst?
Wo ist nur die gute alte Thermoskanne in der Aktentasche geblieben?

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Ich hatte immer Pocket Coffee
in meinem Samsonite.

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Keine Thermoskanne mehr ...
... dank Thermoscan! Ein sehr empfindlicher Hitzescanner untersucht jeden, der das Gebäude betritt, auf gefähliche Flüssigkeiten und verdächtige Gegenstände. Heißer Kaffee ansich ist ja harmlos, aber in einer Thermoskanne können weiß-Gott-was für Flüssigkeiten transportiert werden ....

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Samsonite ...
... war ja der Vorläufer der Dauer-Endlos-Schleife nach Sendeschluss auf KIKA mit Bernd, das Brot.
Damals war es halt der Samson aus der Sesamstraße, der uns durch die Nacht begleitete. Deshalb neu-englisch Samsonite! Das ständige Uiuiuiuiui hat aber jeden genervt und so ist Bernd, das Brot als Late-Night-Talker in den Dienst gekommen.

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Was ist das nur
für ein ungesunder, paranoider Laden, in dem Sie da arbeiten! An meinem Arbeitsplatz kann ich wahlweise eine Thermoskanne mitbringen, Kaffee in der French Press oder in der widerlichen Filtermaschine zubereiten, Tee kochen oder mir auch mein Mittagessen frisch zubereiten, Küchennutzung ist kein Problem. Da bin ich wohl sehr privilegiert, Allerdings koche und backe ich auch oft am heimischen Herd für berufliche Zusammenhänge (Kindergruppen, Mitarbeiterkreise et.)

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Ganz ehrlich ...
... bei mir finden Sie nur Kranke.
Zumindest auf der anderen Seite der Spritze :)

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